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16.04.1966Info Nr. 298/66Grenzdruchbruch mit Lkw an der GÜST Wartha

16. April 1966
Einzelinformation Nr. 298/66 über einen gewaltsamen Grenzdurchbruch am 15.4.1966 über die GÜST Wartha, [Bezirk] Erfurt

Am 15.4.1966, gegen 23.25 Uhr, durchbrach der [Name, Vorname], geboren 26.12.1940, wohnhaft in Erfurt, beschäftigt bei der GHG Lebensmittel, [Bezirk] Erfurt, Mitglied der SED seit 1963 (seit Oktober 1965 hat er keine Parteibeiträge mehr bezahlt), mit dem dieser GHG gehörenden Lkw, polizeiliches Kennzeichen LZ 65 – 96, gewaltsam die GÜST Wartha.

Nach den bisherigen Ermittlungen, die noch nicht abgeschlossen sind, näherte sich [Name] mit dem Lkw gegen 23.15 Uhr mit überhöhter Geschwindigkeit dem Schlagbaum an der Einfahrt zum 5-km-Sperrgebiet bei Ramsborn und überfuhr diesen.

Der dort eingesetzte VP-Posten verständigte von dieser gewaltsamen Einfahrt in das Grenzgebiet telefonisch die Passkontrolleinheit, den diensthabenden Offizier der NVA der GÜST, Major Selditz,1 die Posten der NVA am Schlagbaum 3 und 4 und den Posten der Grenzkompanie, die sämtlich an einer Telefonleitung angeschlossen sind. Daraufhin hat der diensthabende Offizier der NVA durch die Alarmsirene Alarm ausgelöst.

Während der Posten der Grenzkompanie aus bisher noch nicht bekannten Gründen unbesetzt war und auch die bei Alarmauslösung notwendige Verstärkung am Schlagbaum 3 (Einfahrt ins Kontrollterritorium) durch Posten der NVA nicht erfolgte, weil diese Nachtschießen hatten, begab sich der Leiter und ein Posten der Passkontrolleinheit zum Schlagbaum 3, aber ohne dass sie noch eingreifen konnten. Der im Kontrollterritorium befindliche Posten des Zolls hat daraufhin beim gewaltsamen Durchfahren des Lkws einen Warnschuss aus der Pistole abgegeben und der am Schlagbaum 4 befindliche Posten der NVA hat die Straßensperre ausgefahren. Dadurch kam der Lkw, nachdem er auch die Schlagbäume 3 und 4 durchfahren hatte und die Posten aufgrund der Gefährdung durch die gewaltsam zur Seite geschleuderten Schlagbäume in Deckung gingen, an der Straßensperre zum Halten. [Name] verließ daraufhin sofort den Lkw, überwand die Straßensperre und entkam auf das Territorium Westdeutschlands in ein ca. 100 m entfernt liegendes Waldstück. Die Anwendung der Schusswaffe unterblieb aufgrund der unmittelbaren Schussrichtung Westdeutschlands.

Die hinter dem Schlagbaum 4 in Richtung Westdeutschland gedeckt stationierten Posten der NVA, die sich bei Alarmauslösung unmittelbar zur Straße zu begeben haben, waren zwar ebenfalls alarmiert. Sie bezogen jedoch ihre Stellung nicht unmittelbar an der Straße, sondern an einer Böschung und unternahmen aus bisher noch nicht bekannten Ursachen nichts zur Verhinderung des gewaltsamen Grenzdurchbruchs. Obwohl sie die objektiven Möglichkeiten dazu hatten. Bei diesen Posten handelt es sich um NVA-Angehörige, die in zwei Wochen entlassen werden. Sie werden von der NVA dem Militärstaatsanwalt zur weiteren Untersuchung übergeben.

Nähere Untersuchungen zur Person des Grenzverletzers, seiner Ursachen und Motive und zu den konkreten Umständen, die diesen gewaltsamen Grenzdurchbruch ermöglichten, sind noch im Gange.

  1. Zum nächsten Dokument Kind stirbt an vergifteter Schokolade in Wallroda (1)

    17. April 1966
    Einzelinformation Nr. 300/66 über das Auffinden von vergifteten Schokoladenostereiern in Wallroda, [Kreis] Dresden[-Land] am 16.4.1966

  2. Zum vorherigen Dokument Fahnenflucht eines Unterfeldwebels in Gollensdorf

    14. April 1966
    Einzelinformation Nr. 289/66 über die Fahnenflucht des Unterfeldwebels [Name, Vorname] von der Grenzkompanie Gollensdorf, Grenzregiment Salzwedel am 13.4.1966