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Abschlussbericht der Passierscheinerteilung Pfingsten 1966

8. August 1966
Abschluss-Bericht Nr. 441/66 über den Verlauf der 2. Besuchsperiode vom 23.5. bis 5.6.1966 des 4. Passierscheinabkommens (Pfingsten)

In der 2. Besuchsperiode des 4. Passierscheinabkommens (23.5. bis 5.6.1966) wurden laut ausgegebenen Passierscheinen insgesamt 585 240 Personen mit 61 254 Kfz in der Hauptstadt der DDR erwartet.1

Eingereist sind in diesem Zeitraum 467 956 Personen mit 50 671 Kfz.

Damit reisten während der 1. und 2. Besuchsperiode des 4. Passierscheinabkommens

  • Ostern 510 432 Personen mit 55 250 Kfz (87,9 %)

  • Pfingsten 467 956 Personen mit 50 671 Kfz (80,0 %)

  • insgesamt 978 3882 Personen mit 105 921 Kfz

  • in die Hauptstadt der DDR ein = 84,7 % der erwarteten Besucher.

Ostern haben 70 851 Personen mit 6 447 Kfz und Pfingsten 117 204 Personen mit 10 583 Kfz ihren Passierschein nicht genutzt.

Pfingsten 1965 hatten 639 259 Personen Passierscheine beantragt. Pfingsten 1966 waren es 585 240 Personen, also 54 019 Personen weniger.

Im Verhältnis zum Besuchszeitraum Pfingsten 1965 sind im Berichtszeitraum 1966 33 559 Westberliner Bürger weniger in die Hauptstadt der DDR eingereist. Die Ausnutzungsquote lag jedoch über der des Vorjahres.

Pfingsten 1965 = 501 515 Personen = 78,5 % der erwarteten Einreisen.

Pfingsten 1966 = 467 956 Personen = 80,0 % der erwarteten Einreisen.

Die wesentlichsten Schwerpunkte der 2. Besuchsperiode waren:

  • 28.5. mit 53 088 Personen = 81,5 % der erwarteten Einreisen

  • 29.5. mit 94 342 Personen = 84,2 % der erwarteten Einreisen

  • 30.5. mit 74 752 Personen = 77,4 % der erwarteten Einreisen

  • 4.6. mit 71 443 Personen = 81,4 % der erwarteten Einreisen

  • 5.6. mit 60 205 Personen = 31,5 % der erwarteten Einreisen

Während der 2. Besuchsperiode reisten außerdem 916 Westberliner Bürger mit Passierscheinen der Passierscheinstelle für dringende Familienangelegenheiten in die Hauptstadt der DDR ein.

Weiter besuchten im gleichen Zeitraum 92 929 westdeutsche Bürger und 66 532 Ausländer die Hauptstadt der DDR.

Die Abfertigung der Ein- und Ausreisenden verlief an allen GÜST während der gesamten Besuchsperiode reibungslos und ohne Störungen. Während der Schwerpunkttage – besonders an den Pfingstfeiertagen – kam es ebenfalls zu keinen größeren Wartezeiten.

In der Einreise lag der Schwerpunkt in der Zeit von 9.00 bis 11.00 Uhr. In dieser Zeit wurden 30 % der einreisenden Besucher abgefertigt. Die Ausreise konzentrierte sich mit ca. 45 % auf die Zeit von 21.00–23.00 Uhr. Die Ausreise war an allen GÜST in der Regel gegen 0.20 Uhr abgeschlossen. Größere Zeitüberschreitungen waren nur in Einzelfällen zu verzeichnen.

Wie in den vorhergehenden Besuchsperioden kam es auch in der Berichtszeit wieder zur verstärkten Einreise von Westberlinern mit der U-Bahn. Insgesamt reisten 47 657 Westberliner Bürger über die GÜST Bahnhof Friedrichstraße mit der U-Bahn ein, obwohl laut Passierschein nur 7 206 Westberliner Bürger dazu berechtigt waren. Zu Störungen in der Abfertigung des Besucherverkehrs kam es dadurch nicht.

Der überwiegende Teil der Westberliner Besucher äußerte sich anerkennend über die reibungslose und schnelle Abfertigung durch die Zoll- und Passkontrollkräfte der DDR.

Durch Westberliner Zollangehörige wurde der Einreiseverkehr in die Hauptstadt der DDR – wie zu den vorangegangenen Besuchsperioden – mit unterschiedlicher Intensität registriert. Störungen oder Behinderungen im Verkehrsablauf traten dadurch nicht ein.3

Während der 2. Besuchsperiode – besonders in den ersten Tagen – waren an allen GÜST wiederum westliche Film- und Fotoreporter festzustellen, die Aufnahmen vom Besucherverkehr tätigten. Zu feindlichen Handlungen oder größeren Provokationen kam es in der Besuchsperiode Pfingsten 1966 nicht.

Von 302 788 Westberliner Besuchern = 51,7 % wurden im Mindestumtausch 908 364 DM (West) und zusätzlich 126 439 DM (West) umgetauscht, so dass insgesamt 1 034 803 DM (West) vereinnahmt wurden.4

Durch die Ausreise von Westberliner Bürgern mit der U-Bahn wurden weitere 13 993,70 DM (West) vereinnahmt.

Während der 2. Besuchsperiode (Pfingsten 1966) erfolgten durch die Zollorgane der DDR insgesamt 195 Einziehungen von mitgeführten Waren (Wert 22 176,24 MDN), die nicht dem Protokoll entsprachen. Bei der Einreise erfolgten 134 Einziehungen im Wert vom 15 314 33 MDN und bei der Ausreise 61 Einziehungen im Wert von 6 861,91 MDN.

Eingezogen wurden vorwiegend Erzeugnisse, die nicht in der Erklärung über mitgeführte Zahlungsmittel und Waren für Bürger Westberlins aufgeführt waren und illegal in die Hauptstadt der DDR eingeführt bzw. aus der Hauptstadt der DDR ausgeführt werden sollten und MDN-Beträge.5

Weiter erfolgten 1 239 Rückweisungen von mitgeführten Waren. Davon bei der Einreise 516 Rückweisungen; bei der Ausreise 723 Rückweisungen. Außerdem wurden bei der Ausreise in 1 419 Fällen MDN-Beträge zurückgewiesen. Bei den zurückgewiesenen Waren handelte es sich bei der Einreise vorwiegend um gebrauchte Textilien, Tonbänder, Schallplatten, Dias und Literatur. Bei der Ausreise wurden vor allem Textilien, Glas- und Porzellanwaren, Schallplatten, Spargel, Eier, Fleischwaren zurückgewiesen.

Außerdem erfolgten 3 723 formlose Einziehungen, vorwiegend westliche Zeitschriften und Zeitungen, Schundliteratur, Kalender und Prospekte, die in die Hauptstadt der DDR eingeführt werden sollten.

Bei der Einreise führten 90–95 % der Westberliner Bürger Geschenke mit. Vorwiegend wurden Genussmittel (Kaffee, Schokolade, Tabakwaren), Südfrüchte und Textilien eingeführt. Bei der Ausreise führten ca. 70 % der Westberliner Bürger Geschenke mit, wobei es sich vor allem um Blumen, Spielwaren, kunstgewerbliche Gegenstände und Kleintextilien handelte.

Bei den Kontrollen kam es zu keinen nennenswerten Vorkommnissen. Die Westberliner Bürger verhielten sich fast ausnahmslos diszipliniert und leisteten den Forderungen der Kontrollkräfte widerspruchslos Folge.

An den Kontrollpunkten zu den Randgebieten Berlins wurden 64 Westberliner Bürger zurückgewiesen, die unberechtigt in die Bezirke der DDR einzureisen versuchten.

In der Berichtszeit kam es in der Hauptstadt der DDR zu 21 Verkehrsunfällen mit Beteiligung von Westberliner Bürgern. Davon wurden acht Unfälle von Westberliner Bürgern verursacht. Dabei wurden zwei Personen (davon ein Westberliner) verletzt. Der entstandene Sachschaden beträgt ca. 6 825 MDN.

Zwei Westberliner Bürger sind in der Hauptstadt der DDR an Herzinfarkt verstorben. Vier Westberliner erkrankten während ihres Besuches in der Hauptstadt der DDR und wurden in ein Krankenhaus eingewiesen.

Die Reaktion der Bürger der Hauptstadt der DDR auf die Verwandtenbesuche wird wesentlich dadurch charakterisiert, dass bei einem bedeutenden Teil der betroffenen Bürger das Interesse an Besuchen durch die Westberliner Verwandten nachgelassen hat und sogar zunehmend auf Ablehnung stößt. Als Begründung für diese Haltung wird angeführt: die Besuche würden nur zusätzliche Arbeit und Kosten erfordern, vor allem vor und an den Festtagen; die von den Westberlinern mitgebrachten Geschenke würden in keinem Verhältnis zu dem Aufwand stehen, den die Gastgeber zu tragen hätten, die Entfremdung zwischen den Verwandten sei doch bereits größer, als am Anfang der Passierscheinbesuche zu erkennen gewesen sei, wobei vor allem das mangelnde politische Denken der Westberliner genannt wird, das eine vernünftige Diskussion häufig überhaupt nicht zulassen würde.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass sich besonders anlässlich der Feiertage – Ostern und Pfingsten – die Diskussionen von Bürgern der Hauptstadt der DDR verstärkt haben, in denen gegen den Aufenthalt von Westberlinern in den Gaststätten, Ausflugsgegenden und auf der »Weißen Flotte«6 Stellung genommen wird. Als Begründung wird angeführt, die Westberliner würden mit ihren Verwandten diese Objekte so bevölkern, dass den anderen kaum noch entsprechende Erholungsmöglichkeiten usw. blieben.

Die Überlastung des Berliner Handels zu diesen Zeiten wird ebenfalls häufig auf die Besuche durch die Westberliner zurückgeführt.

In der Reaktion der Westberliner Besucher ist festzustellen, dass sie das Passierscheinabkommen schon mehr oder weniger als Selbstverständlichkeit und Dauerzustand betrachten. Daraus resultiert auch die häufig geäußerte Ansicht, es bedürfe keiner besonders komplizierten Verhandlungen, um die Weiterführung der Passierscheinbesuche zu ermöglichen. Zu dem Problem eines persönlichen Einsatzes für eine Weiterführung der Passierscheinregelung gibt es kaum Diskussionen.

Wiederholt wird die Erwartung ausgesprochen, die Regierung der DDR werde auf mögliche, weitergehende »Forderungen« des Westberliner Senats eingehen.

In diesem Zusammenhang werden folgende »Forderungen« genannt:

  • Einführung eines weiteren Besuchszeitraumes zwischen Pfingsten und Weihnachten, eventuell für den Oktober

  • Genehmigung einer bestimmten Anzahl von Passierscheinen (häufig werden vier genannt) bzw. von Dauerpassierscheinen für die entsprechenden Westberliner, die sie zu den ihnen genehmen Zeiten nutzen können;

  • Erteilung der Passierscheine nach einem ähnlichen Verfahren wie bei den Westdeutschen und Ausländern (auf den GÜST, eventuell auch durch ständige Passierscheinbüros) und damit zugleich tägliche Besuchsmöglichkeiten;

  • Ein- und Ausreise nur auf Westberliner Personalausweis;

  • Verlängerung des täglichen Besuchszeitraumes bis 6.00 Uhr des folgenden Tages;

  • Genehmigung der Einreise in das Grenzgebiet und in die Randgebiete von Berlin;

  • Genehmigung von Urlaubsreisen in Orte der DDR.

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    8. August 1966
    Einzelinformation Nr. 587/66 über einen Unglücksfall beim Granatwerfer-Scharfschießen des Grenzausbildungsregiments 40 am 7.8.1966

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