Angaben über DDR-Leistungssport in der Westpresse
6. Juni 1966
Einzelinformation Nr. 429/66 über Angaben des ehemaligen Fußballspielers Ruhloff, 1. FC Magdeburg, zu Problemen des Leistungssportes im Fußball der DDR im westdeutschen Konsulat in Genf/Schweiz
In den westdeutschen und Westberliner Publikationsorganen wurde am 16.3.1966 eine Meldung von dpa veröffentlicht, die Angaben zu Problemen des Leistungssportes im Fußball der DDR, zur Einstufung der Fußballspieler, über die Vergütung der Fußballspieler und anderes mehr enthielt.1 Als Bezugsquelle wurde von dpa das »Informationsbüro West«2 genannt.
Das MfS weist in diesem Zusammenhang auf Angaben des ehemaligen Fußballspielers Ruhloff, Ingolf,3 geboren am 26.9.1943, Angehöriger des 1. FC Magdeburg, hin, die er dem westdeutschen Konsulat in Genf/Schweiz machte und die möglicherweise der Ausgangspunkt für die erwähnte dpa-Meldung sind.
Ruhloff war während des Aufenthaltes anlässlich des Europacup-Rückspieles des 1. FC Magdeburg gegen den FC Sion/Schweiz4 am 9.12.1965 republikflüchtig geworden.
Ruhloff kehrte am 8. März 1966 in die DDR zurück und gab bei seiner Befragung an, verschiedene detaillierte Angaben, wie sie in der dpa-Meldung verbreitet wurden, am 9.12.1965 dem westdeutschen Konsulat in Genf/Schweiz gemacht zu haben. Ihm wurden von der Konsularin u. a. Fragen gestellt über:
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die Zusammensetzung der Fußballdelegation des 1. FC Magdeburg;
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Fußballspieler, die eventuell noch die Absicht hätten, die DDR illegal zu verlassen;
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die Zusammensetzung der Delegationsleitung, ob es sich bei der Delegationsleitung um »einfache Sportfunktionäre« oder Mitglieder und Funktionäre der SED handele;
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ob es üblich wäre, dass eine Sportdelegation so viele Mitglieder zählt.
Im weiteren Gespräch interessierte sich die Konsularin für die Struktur des SC Magdeburg – unter Angaben der Sektionen –, für die Leitungsfunktionen im Club, Anzahl der Mannschaften und Leistungssportler.
Genaue Einzelheiten wollte sie besonders über die Arbeit und Trainingszeit sowie die Regelung der Vergütung für die A-, B- und C-Kader im Fußball erfahren. Nach eigenen Angaben hat Ruhloff wahrheitsgemäß berichtet. So u. a. darüber, dass die A-Kader Freistellungen von den Betrieben erhalten, nach den Erfordernissen und Weisungen der Trainer handeln, des Öfteren in Trainingslagern zusammengefasst werden, aus dem Kulturfonds der Betriebe bezahlt werden, für jedes gewonnene Spiel 100 MDN erhalten und dass für jeden erfolgreichen Torschuss 15 MDN gezahlt werden. Über die B-Kader erklärte er, sie hätten wöchentlich zwölf Stunden zu trainieren und würden für diese Zeit vom Betrieb eine Freistellung erhalten. Nur die C-Kader müssten ganztägig arbeiten.
Ruhloff hat auch bestätigt, dass für die Europacup-Spiele eine finanzielle Zuwendung gezahlt wird. Über die Höhe solcher Zuwendungen konnte er jedoch zu diesem Zeitpunkt keine Angaben machen, »da der DTSB in Berlin die Einstufung noch nicht vorgenommen hätte«. Über die Höhe der monatlichen Bezüge von A-Kadern habe Ruhloff nach eigenen Angaben nicht konkret gesprochen.
Aufgrund der geschilderten Situation erachtet es das MfS für erforderlich, dass in der zentralen Leitung des Fußballverbandes eine Entscheidung getroffen wird, ob es unter den gegebenen Umständen noch möglich ist, dass Ruhloff weiterhin im 1. FC Magdeburg verbleibt.