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Bodenschäden durch Wasserstauungen im Raum Salzwedel

15. August 1966
Einzelinformation Nr. 605/66 über Wasserstauungen im Raum Salzwedel

Im Raum Salzwedel bilden der Landgraben, die Graue Laake und die Dumme die unmittelbare Staatsgrenze der DDR zu Westdeutschland. Die Länge dieser Grenze beträgt ca. 13,5 km. In diesem Bereich befinden sich u. a. Wiesen- und Ackerflächen von fünf LPG Typ III,1 die jedoch wegen starker Nässe nicht gepflegt und gemäht werden können. Das Gelände besteht vorwiegend aus Moor- und Sumpfboden, der in den letzten Jahren durch Wasserstauungen noch gefördert und erweitert wurde.

Durch fehlende Meliorationsarbeiten wird das Wasser ca. sieben Monate im Jahr gestaut, wobei es zu einer Wassertiefe von ca. 50 cm und zum Faulen der Grasnarbe kommt. Bei dem betroffenen Grünland handelt es sich um Flächen der LPG Chüttlitz,2 Ritze, Pretzier, Hoyersburg, Brietz und Cheine, [Kreis] Salzwedel. Gegenwärtig ist das Grünland nur zu ca. 20 % nutzbar.

Obwohl die LPG Chüttlitz und Brietz einen Grünlandanteil von 50 % zur landwirtschaftlichen Nutzfläche haben, sind sie aufgrund der Bodenverhältnisse gezwungen, ihr Vieh in Pension zu geben.

Durch die Deutsche Versicherungsanstalt wird eingeschätzt, dass der Schaden bei Nichtdurchführung der erforderlichen Meliorationsmaßnahmen ca. 25 % der Gesamtfläche des Grünlandes in diesem Bereich beträgt und somit aus der Landwirtschaftlichen Nutzfläche in Ödland überschrieben werden muss.

Da es sich bei den betroffenen LPG jedoch um produktionsschwache Genossenschaften handelt, ist die baldige Durchführung von Meliorationsarbeiten für diese Betriebe eine Existenzfrage.

Die Durchführung weiterer Maßnahmen ist u. a. auch von der Regulierung der Jeetze3 abhängig. Es war vorgesehen, mit dem Ausbau der Jeetze im Frühjahr 1967 zu beginnen. Da mit den entsprechenden westdeutschen Stellen jedoch keine Verhandlungen zum Ausbau der Jeetze im Grenzgebiet stattfanden, wurde die Regulierung des Flusses erneut verschoben.4

Auch die bereits seit drei Jahren erhobene Forderung, durch ein Behelfsschöpfwerk eine künstliche Vorflut zu schaffen, wurde durch die Wasserwirtschaftsdirektion wiederholt abgelehnt. Nach den bisherigen Rechnungen würden sich die Anlagekosten für die geplanten Meliorationsmaßnahmen (Wertumfang ca. 4,4 Mio. MDN) schon nach drei Jahren amortisieren, da in diesem Gebiet große Futterreserven liegen.

Von den Vorständen der LPG wie auch von den Genossenschaftsbauern wurden mehrfach Beschwerden an die Landwirtschafträte des Kreises Salzwedel und des Bezirkes Magdeburg gerichtet. Gleichzeitig wandten sich die betroffenen Genossenschaften an den Landwirtschaftsrat der DDR, an den Deutschen Fernsehfunk, Redaktion »Prisma« und an die Zeitung »Der Genossenschaftsbauer« mit der Bitte und dem Ziel, ihnen durch umfassende Maßnahmen zu helfen, ohne dass Maßnahmen zur Nutzbarmachung der landwirtschaftlichen Flächen eingeleitet wurden.

Neben den Verlusten an landwirtschaftlicher Nutzfläche beeinträchtigen die Boden- und Geländeverhältnisse auch in starkem Maße den zuverlässigen Schutz und die Sicherung der Staatsgrenze in diesem Raum. Die gegenwärtigen Bodenverhältnisse und Wasserstauungen lassen zurzeit den weiteren Ausbau einer Draht-Minen-Sperre nicht zu, so dass die Sicherungsanlagen lediglich aus einer Drahtsperre auf zwei Pfählen mit S-Rolle5 bestehen.

Durch die fehlende Pflege der Wiesen sowie durch den Brietzer Forst (Moor- und Sumpfboden) werden die Beobachtungsmöglichkeiten und Sichtverhältnisse in diesem Grenzgebiet weitgehendst eingeschränkt. Die schwierigen Bodenverhältnisse gestatten den Einsatz von Kraftfahrzeugen und Pioniertechnik nur in sehr geringem Maße. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen ist der Grenzabschnitt im Jahr nur höchstens vier Monate durch Fahrzeuge befahrbar. Dadurch wird auch der weitere sicherungsmäßige Ausbau des Abschnittes äußerst erschwert.

Die Staatsgrenze in diesem Abschnitt ist nur bei maximaler Auslastung aller im Bereich stationierten drei Grenzkompanien gesichert. Zusätzlich wurden in der Regel monatlich zwei Züge zur Sicherung der Staatsgrenze in diesem Abschnitt zum Einsatz gebracht.

Die Sicherungskräfte sind gezwungen, sich außer Juni, Juli und August fast ausschließlich an befestigte Wege zu halten, die vom tatsächlichen Grenzverlauf weit entfernt liegen. Die 6. Grenzkompanie GR 34 muss, um die Trennungslinie des Kompaniebereiches zu erreichen, eine Wegstrecke von 21 km zurücklegen. Bei normalen Wegverhältnissen würde die Strecke nur drei km betragen. Ähnlich sind die Verbindungen auch im Bereich der 7. Kompanie/GR 24.

Bei Hochwasser der Jeetze müssen die Sicherungsposten der 6. und 7. Kompanie, GR 24, bis an den nördlichen Ortsausgang von Salzwedel zurückgezogen werden.

Aufgrund der gegenwärtigen schlechten Boden- und Geländeverhältnisse ist die Beobachtung und Aufklärung des westlichen Gebietes nur teilweise und ungenügend möglich. Der Einsatz der Kräfte und Mittel kann oft nicht zweckmäßig und an den entscheidenden Punkten und Abschnitten erfolgen, so dass eine einwandfreie Sicherung nur bedingt gewährleistet ist. Der weitere notwendige pioniertechnische Ausbau zur erhöhten Sicherung dieses Grenzabschnittes setzt jedoch unbedingt die erforderlichen Meliorationsarbeiten voraus.

Hinzu kommt, dass aufgrund der geschilderten Verhältnisse und Auswirkungen auf die Landwirtschaft unter den Genossenschaftsbauern eine allgemeine Missstimmung herrscht, zumal die verantwortlichen Organe bisher nur Versprechungen und Zusicherungen machten, ohne jedoch konkrete Maßnahmen zur Veränderung der Bodenverhältnisse einzuleiten.

Diese Missstimmung der Genossenschaftsbauern wirkt sich zugleich nachteilig auf die Unterstützung der Grenzkompanien bei ihren Aufgaben zur Sicherung der Staatsgrenze aus.

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    17. August 1966
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    11. August 1966
    Einzelinformation Nr. 600/66 über die Situation unter der Bevölkerung der Hauptstadt der DDR und die Stimmung im Hinblick auf den bevorstehenden 5. Jahrestag der Sicherung der Staatsgrenze der DDR am 13. August 1966