Einreise von US-Bürgern mit neuen Personalausweisen (3)
3. Dezember 1966
Einzelinformation Nr. 934/66 über die Einreise von Bürgern der USA in die Hauptstadt der DDR unter Benutzung einer neuen Form von Identitätskarten
Wie wir in unserer Information 750/66 vom 10.10.1966 ausführlich berichteten, versuchten erstmalig am 9.9.1966 USA-Bürger an der GÜST Friedrich-/Zimmerstraße mit bis dahin nicht bekannten Identitätskarten einzureisen.
Als Herausgeber dieser Dokumente war laut Textaufdruck die »Alliierte Kommandantur«1 angegeben. Außerdem enthielten sie einen Schriftsatz, wonach den Inhabern dieser Dokumente der Schutz zu gewähren ist, »den Mitgliedern der alliierten Streitkräfte durch in Berlin gültige alliierte Gesetze gewährt wird«.
Aufgrund der damit zum Ausdruck kommenden und von DDR-Seite nicht zu akzeptierenden Rechtsauffassung, wurden Personen mit derartigen neuen Dokumenten zur ordnungsgemäßen Passkontrolle aufgefordert, sofern sie sich nicht in Militärfahrzeugen befanden oder in Begleitung von Militärangehörigen erschienen. Statt der ordnungsgemäßen Passkontrolle zogen es diese Personen jedoch vor, nach Westberlin zurückzukehren.
In der Zeit vom 15.10. bis 18.11.1966 traten Personen mit diesen Identitätskarten nicht mehr in Erscheinung. Einige der bereits an der GÜST Friedrich-/Zimmerstraße bekannten USA-Bürger reisten in dieser Zeit, wie bereits vor dem 9.9.1966 wieder unter Vorweisen ihres ordentlichen Diplomatenpasses in die Hauptstadt der DDR ein.
Seit dem 18.11.1966 ist jedoch festzustellen, dass USA-Bürger bei der Einreise über die GÜST Friedrich-/Zimmerstraße eine neue Form der Identitätskarte vorweisen, die sich durch folgende wesentliche Veränderungen von der früheren, erstmalig am 9.9.1966 in Erscheinung getretenen Identitätskarte unterscheidet.
So ist die Bezeichnung »Alliierte Kommandantur Berlin« durch den Begriff »US-Streitkräfte Berlin« ersetzt worden. Ebenfalls wurde der alte Text, der sich auf die »in Berlin gültigen alliierten Gesetze« bezog, in dem Wortlaut umgewandelt: »Der Inhaber dieser Ausweiskarte ist ein Mitglied der amerikanischen Streitkräfte in Berlin.«
Trotz dieser Veränderungen, die zweifellos politisches Gewicht besitzen, entspricht diese neue Identitätskarte aber noch keineswegs den Bedingungen, die an ein solches Dokument zu stellen sind. So besteht z. B. ein offensichtlicher Widerspruch zwischen dem Wortlaut auf der Identitätskarte, wonach der Inhaber »ein Mitglied der amerikanischen Streitkräfte in Berlin« sei und der Äußerung des Chefs des Protokolls der amerikanischen Verwaltung in Westberlin, S. Poliansky,2 dass die Identitätskarte an amerikanische Zivilpersonen ausgegeben wurde, die in amerikanischen Institutionen in Westberlin arbeiten. Da Poliansky zugleich betonte, dass alle Bürger der USA, die nicht in Westberlin wohnen oder arbeiten, ihren nationalen Pass vorzeigen, heißt es praktisch, dass alle in Westberlin wohnhaften oder arbeitenden amerikanischen Bürger diese Identitätskarte erhalten können.
Eine derartige in die Breite gehende und nicht klar erfolgende Abgrenzung des Empfängerkreises solcher Identitätskarten ließe aber einer missbräuchlichen Ausgabe und Benutzung Tür und Tor offen. Hinzu kommt, dass die Identitätskarte im Vergleich zu den Anforderungen, die an ein ordentliches Personaldokument gestellt werden müssen, eine Reihe weiterer Mängel aufweisen. So gibt es weder eine unterschriftliche Beglaubigung der Ausstellung noch andere Vermerke zur ausstellenden Dienststelle. Ferner fehlt jeder Hinweis auf die Gültigkeitsdauer des Dokuments.
Um weitgehendst zu verhindern, dass diese Mängel im Zusammenhang mit diesen neuen Identitätskarten von Feindzentralen3 ausgenutzt werden, wurden vom MfS vorerst eine Reihe von zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen eingeleitet. Zur Gewährleistung der vollständigen Sicherheit wäre es jedoch notwendig, diese neuen Dokumente so zu gestalten, dass sie den internationalen Anforderungen an ordnungsgemäße Personaldokumente entsprechen.