Explosion im VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld
17. Februar 1966
Einzelinformation Nr. 135/66 über eine Raumexplosion im VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld, [Bezirk] Halle
Am 17.2.1966 gegen 1.53 Uhr ereignete sich im VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld im Bau 268 des Betriebes Bi 58 eine Raumexplosion, durch die drei Produktionsarbeiter leicht verletzt wurden. Die Explosion zerstörte das Dach und die Zwischendecke dieses Gebäudes und beschädigte die Seitenwände teilweise. Außerdem wurden alle Fenster des Gebäudes total beschädigt und auch von Nebengebäuden die Fensterscheiben eingedrückt. Der entstandene Sachschaden wird zurzeit auf etwa 200 000 MDN geschätzt.
Die angrenzenden Produktionsbetriebe Tetra und Chloral mussten bis Mittag des 17.2.1966 außer Betrieb genommen werden.
Zur Ursache dieser Explosion konnten bisher folgende Feststellungen getroffen werden:
Im Bau 268 wird in einem Behälter, genannt Position 86, zur Produktion von Schädlingsbekämpfungsmitteln Didimetylphosphorestersäure1 (Wirkstoff-Öl in reiner Form) verarbeitet. Dieses Wirkstoff-Öl wird mittels warmen Wassers auf 40 Grad Celsius erwärmt, wobei während des Zersetzungsprozesses Gasbildung eintritt. Um eine Explosion zu verhindern, ist an diesem Behälter eine Entlüftungsleitung zu einem Ventilator angebraucht, über die die Gase abgesaugt werden.
Wie die Ermittlungen ergaben, wurde der Ventilator der Entlüftungsleitung am 16.2.1966 gegen 20.00 Uhr wegen einer technischen Störung außer Betrieb genommen, wodurch die Gase im Raum stehenblieben. Aus bisher noch ungeklärten Gründen hat sich danach auch das zur Verarbeitung in der Anlage befindliche Wirkstoff-Öl über die normale Innentemperatur von 30 bis 40 Grad Celsius erhitzt. Die sich dadurch schnell bildenden Gase zerstörten die Plastfolienscheibe der Exleitung (verhindert sonst das Eindringen der Gase in den Raum) und drangen in den Explosionsraum ein.
Zurzeit ist noch ungeklärt, durch welche Zündquelle die Gase zur Explosion gebracht wurden. Nach den bisherigen Ermittlungen scheidet die elektrische Anlage aus, da sie explosionsgeschützt installiert wurde. Für eine vorsätzliche Handlung liegen gleichfalls keine Hinweise vor. Außerdem wäre eine solche Handlung auch lebensgefährlich für den Ausführenden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Explosion infolge der hohen Ausströmgeschwindigkeit des Gases und der dadurch entstandenen Reibungswärme ausgelöst worden sein kann.
Zur endgültigen Klärung der Explosionsursache wurde eine Expertenkommission eingesetzt, der Mitarbeiter des MfS, der BDVP, des Betriebsschutzes K,2 der Feuerwehr sowie Verantwortliche des Betriebes und der Akademie der Wissenschaften angehören. Über die Ergebnisse dieser Untersuchung wird nachberichtet.