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Fahnenflucht eines Unterfeldwebels in Gollensdorf

14. April 1966
Einzelinformation Nr. 289/66 über die Fahnenflucht des Unterfeldwebels [Name, Vorname] von der Grenzkompanie Gollensdorf, Grenzregiment Salzwedel am 13.4.1966

Am 13.4.1966 gegen 2.00 Uhr wurde der Unterfeldwebel [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1945, NVA seit dem 5.5.1964 (Soldat auf Zeit), Gruppenführer in der Kompanie Gollensdorf, unter Mitnahme seines Privat-Motorrades nach Westdeutschland fahnenflüchtig.

Der Zug des Unterfeldwebels [Name] hatte am 12.4.1966 dienstfrei und war erst am 13.4.1966, 4.00 Uhr, zum Grenzdienst vorgesehen.

Am 12.4.66 gegen 23.30 Uhr bat [Name] den Unteroffizier vom Dienst, ihn um 2.25 Uhr zu wecken. Gegen 1.15 Uhr suchte [Name] wiederum den Unteroffizier vom Dienst auf und erklärte, dass er sowieso nicht schlafen könne und deshalb auch nicht geweckt werden brauche. Gegen 1.50 Uhr verließ [Name] mit seinem Motorrad das Objekt, wobei er gegenüber dem Hausposten erklärte, dass er lediglich »eine kleine Runde« fahren wolle.

Der Hausposten ließ [Name] ohne entsprechende Genehmigung zum Verlassen des Objektes passieren. Erst als [Name] gegen 2.20 Uhr noch nicht zurückgekehrt war, setzte der Hausposten den diensthabenden Offizier, Oberstleutnant Feldner,1 davon in Kenntnis, der sofort Alarm auslöste und den Grenzabschnitt abriegeln ließ.

Durch eine Kontrollstreife wurde gegen 3.00 Uhr die Motorradspur in Richtung Westdeutschland an der Gasse Dannenberger Eck,2 links der Ortschaft Bömenzien,3 festgestellt. Die Gasse war entgegen dem Befehl des Brigadekommandeurs weder verdrahtet noch verschlossen. Sie war lediglich durch spanische Reiter4 versetzt, die ohne Mühe entfernt werden konnten. Eine Sicherung der Gasse durch Posten erfolgte ebenfalls nicht.

Sowohl die Vernachlässigung der Wachsamkeit durch den Hausposten als auch die ungenügende Sicherung und Kontrolle der Gasse in den Grenzsicherungsanlagen begünstigten die Fahnenflucht des Langner.

Innerhalb der Kompanie galt [Name] als guter Unterführer. Aus diesem Grund sollte er in der kommenden Ausbildungsperiode im GAR 5 als Ausbilder eingesetzt werden, obwohl er sich gegenüber dem Kompaniehof wiederholt gegen diesen Einsatz wandte und auch in anderen Diskussionen dagegen sprach.

In der Zeit vom 25. bis 29.3.1966 befand er sich in seinem Heimatort in Urlaub, wo er das Motorrad seines Freundes kaufte. Da [Name] nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, untersagte ihm der Kompaniechef, mit dem Motorrad zu fahren. [Name] soll entweder seine Fahrerlaubnis ablegen oder sein Motorrad an den Wohnort zurückschicken.

Aus den vorgefundenen Briefschaften geht hervor, dass er über zeitweilige Schwierigkeiten im Verhältnis zu seinen Vorgesetzten berichtet hatte. Aus den Briefen seiner Eltern ist jedoch ersichtlich, dass diese ihn immer positiv zu beeinflussen versuchten.

Weitere Untersuchungen zur Ermittlung der näheren Ursachen, Zusammenhänge und begünstigenden Umstände der Fahnenflucht werden durch das MfS geführt.

  1. Zum nächsten Dokument 16.04.1966Info Nr. 298/66Grenzdruchbruch mit Lkw an der GÜST Wartha

    16. April 1966
    Einzelinformation Nr. 298/66 über einen gewaltsamen Grenzdurchbruch am 15.4.1966 über die GÜST Wartha, [Bezirk] Erfurt

  2. Zum vorherigen Dokument Fehlverhalten eines VEB-Direktors in Schwedt

    14. April 1966
    Einzelinformation Nr. 288/66 über das Verhalten des Direktors des VEB Bau- und Montagekombinat (BMK) Schwedt, Kilian, im Zusammenhang mit der Ablösung des Montageleiters der englischen Firma Humphreys & Glasgow/Düngemittelfabrik Schwedt, Zeiner