Fahnenflucht zweier NVA-Angehörige in Berlin
26. März 1966
Einzelinformation Nr. 241/66 über eine Gruppenfahnenflucht in der 3. Kompanie, Grenzregiment 33, 1. Grenzbrigade am 23.3.1966
Am 23.3.1966 gegen 19.15 Uhr traf eine Grenzstreife im Postenbereich Eberswalder Straße ein, um den dort eingesetzten Posten Tee zu bringen.
Dabei stellte die Streife jedoch das Fehlen des Postenführers Unteroffizier [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1946, NVA seit 4.5.1965 (Soldat auf Zeit), Dienststellung Gruppenführer, ledig und des Postens Soldat [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1944, NVA seit 4.5.1965, ledig, fest.
Auf dem Postenturm befanden sich lediglich das LMG mit der dazugehörigen Munition, das Dienstbuch des [Name 1] sowie einige Ausrüstungsgegenstände der beiden Grenzposten. Weiter wurde festgestellt, dass die Tür in der Sichtblende an der Eberswalder Straße in Richtung Westberlin aufgebrochen war. Die sofort eingeleitete Überprüfung ergab, dass die Posten nach Passieren der Tür in der Sichtblende die pioniertechnischen Anlagen überwunden hatten und nach Westberlin fahnenflüchtig geworden waren. (Die Tür der Sichtblende dient zum Passieren bei Kontrollen der Kanalisation, deren Einstig hinter der Sichtblende liegt.)
Durch die Nachbarposten war keine Einsicht in den Postenbereich Eberswalder Straße möglich, sodass die Fahnenflucht von diesen nicht bemerkt und verhindert werden konnte. Bei der Überprüfung wurden in den pioniertechnischen Anlagen die MPi und das gefüllte Magazin eines der beiden Fahnenflüchtigen aufgefunden.
Zur Person
Unteroffizier [Name 1] stammt aus einer Arbeiterfamilie. Vor seiner Einberufung arbeitete er als Tischler in einer PGH. Vom 1. bis 30.9.1965 besuchte er einen Unteroffiziers-Lehrgang. Durch die Kompanieleitung wurde [Name 1] positiv eingeschätzt. Bei der Spindkontrolle nach der Fahnenflucht wurden neben Briefschaften auch Westerzeugnisse (Creme, Rasierklingen) aufgefunden.
[Name 2] stammt ebenfalls aus einer Arbeiterfamilie. Er erlernte den Beruf eines Elektromontageschlossers und war vor seinem Eintritt in die NVA bei der Reichsbahn beschäftigt. [Name 2] zeigte wenig Interesse am politischen Geschehen, trat aber auch nicht negativ in Erscheinung. Disziplin und Ordnung waren nicht immer einwandfrei. Bei einer Spindkontrolle wurden eine Schweizer Adresse und 20,00 Westmark vorgefunden und sichergestellt.
Weitere Untersuchungen der Ursachen sowie der näheren Zusammenhänge der Fahnenflucht werden durch das MfS geführt.