Hausmeister des Instituts für Marxismus-Leninismus angegriffen
7. April 1966
Einzelinformation Nr. 273/66 über das Niederschlagen des Hausmeisters des Instituts für Marxismus-Leninismus
In der Nacht vom 31.3. zum 1.4.1966 wurde der Hausmeister des Instituts für Marxismus-Leninismus, Preussing, Herbert,1 geboren [Tag, Monat] 1913, wohnhaft in Berlin-Pankow, [Straße, Nr.], Mitglied der SED, in der Nähe Berlin-Pankow, Maximilianstraße, von zwei Jugendlichen überfallen, ausgeraubt und brutal niedergeschlagen, so dass er erhebliche Verletzungen erlitt.
Bei den in enger Zusammenarbeit mit der Volkspolizei ermittelten Tätern handelt es sich um [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1945, wohnhaft Berlin-Pankow, [Straße, Nr.], zuletzt tätig als Betriebsschlosser beim RAW Revaler Straße und [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1947, wohnhaft Berlin-Pankow, [Straße, Nr.], zuletzt tätig als Kabelnetzmonteur beim VEB Tiefbau/Berlin.
Die bisherigen Untersuchungen zum Sachverhalt durch MfS und VP ergaben Folgendes:
Genosse Preussing hielt sich am Abend des 31.3.1966 in der HO-Gaststätte »Maxim« in Berlin-Pankow, Maximilianstraße auf, die er gegen 24.00 Uhr verließ. Zur gleichen Zeit hielt sich auch der Jugendliche [Name 1] in dieser Kneipe auf, ohne jedoch dort mit dem Bürger Preussing bekannt zu werden.
Erst beim Verlassen der Gaststätte nach Gaststättenschluss um 24.00 Uhr kamen beide Personen ins Gespräch, das sich auf Fragen des Hausmeisters Preussing nach der beruflichen Tätigkeit des [Name 1] beschränkte.
[Name 1], der im Laufe seines Gaststättenbesuchs größere Mengen Alkohol getrunken hatte, schlug daraufhin grundlos auf den Genossen Preussing ein, so dass dieser zu Boden stürzte ([Name 1] gab allerdings in der Befragung als »Rechtfertigung« an, Preussing habe ihn als »jungen Dachs« und ähnliches bezeichnet.)
Diese Auseinandersetzung wurde von der gegenüberliegenden Straßenseite aus durch den [Name 2], der sich ebenfalls unter Alkoholeinfluss befand, und der den [Name 1] aus der gemeinsamen Wohngegend kannte, beobachtet.
[Name 2], der in seiner Wohngegend als ehemaliger Boxsportler und Schläger bekannt ist, forderte daraufhin den [Name 1] auf, Preussing zu verfolgen, um weiter tätlich gegen ihn vorzugehen.
Nachdem [Name 2] den Hausmeister unter Vorwänden auf den abgelegenen Andreas-Hofer-Platz gelockt hatte, schlugen beide Jugendliche u. a. mit Boxhieben auf Genossen Preussing ein, wobei [Name 2] diesen zu Boden stieß. In brutalster Weise schlug [Name 2] danach auch weiter auf Genossen Preussing ein und trat ihn mit den Füßen ins Gesicht, so dass dieser das Bewusstsein verlor.
Danach raubte [Name 2] im Beisein des [Name 1] den Hausmeister Preussing aus, wobei er ihm mehrere Ausweise – darunter das Mitgliedsbuch der SED und den Betriebsausweis – sowie die Geldbörse mit 40,00 MDN entwendete. [Name 2] will erst durch die Entwendung des SED-Mitgliedsbuches von der Parteizugehörigkeit des Preussing Kenntnis erhalten haben. [Name 1] dagegen gibt an, im Laufe des der Schlägerei vorangegangenen Gesprächs das Parteiabzeichen bei Preussing gesehen zu haben. Die geraubten 40,00 MDN wurden zwischen beiden Jugendlichen zu gleichen Teilen aufgeteilt.
Der Beschuldigte [Name 2] will noch in der Nacht zum 1.4.1966 die entwendeten Ausweise im Ofen seiner Wohnung verbrannt haben.
Genosse Preussing, um den sich die Beschuldigten nicht weiter kümmerten, ging nach Wiedererlangung des Bewusstseins in seine Wohnung, wo er gegen 0.20 Uhr in stark blutenden Zustand eintraf.
Zur Person der Beschuldigten wurde Folgendes bekannt:
[Name 1] wird im Allgemeinen als ein gewissenhafter Arbeiter eingeschätzt, der in Abwesenheit des Meisters dessen Vertretung übernimmt, sich an Sondereinsätzen beteiligt und aktiv in einer Kulturgruppe mitarbeitet. Es mussten jedoch bereits mehrmals Erziehungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet werden, da er zu spät zur Arbeit erschien.
[Name 2] tritt geistig sehr unbeweglich auf, brach seine Lehre als Bauklempner ab und wechselt häufig seine Arbeitsstellen. Von 1963 bis 1965 wurde er wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und unberechtigten Benutzens von Kraftfahrzeugen zu bedingten Gefängnisstrafen verurteilt.
Durch das MfS werden die Untersuchungen zum Tatbestand und zu den Täterpersönlichkeiten weitergeführt mit dem Ziel, das Vorkommnis auch in Richtung einer strafbaren Handlung wegen staatsgefährdender Gewalt und staatsgefährdender Propaganda und Hetze restlos aufzuklären.
Bei Vorliegen neuer Untersuchungsergebnisse wird nachberichtet.