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Lage und Stimmung in einer LPG und der Gemeinde Markee

27. April 1966
Einzelinformation Nr. 334/66 über die Lage in Markee, Kreis Nauen, [Bezirk] Potsdam

Mit der nachstehenden Information wird vor allem auf einige Schwierigkeiten und negative Erscheinungen aufmerksam gemacht, durch die die schnellere Entwicklung der sozialistischen Landwirtschaft in der Gemeinde Markee gehemmt wird. (Die Information enthält keine umfassende Einschätzung der Lage in dieser Gemeinde.)

Nach den dem MfS vorliegenden Hinweisen wird die Arbeit im VEG u. a. durch Arbeitskräftemangel und durch eine verhältnismäßig große Fluktuation der Arbeitskräfte erschwert. Verschiedentlich wurde behauptet, dass die Leitung des VEG versucht habe, unbequemen Mitarbeitern die Arbeit zu verleiden bzw. Kritiker abzuschieben. Wie bekannt wurde, hat der Arbeitskräftemangel solche Auswirkungen, dass ein neugebauter Stall (für 400 Rinder) mit Kräften vom Feldbau besetzt werden musste. Der Agronom verfolgte die Absicht, aufgrund dieser Zustände das VEG zu verlassen.

Wie weiter berichtet wird, treten in der Reaktion und Haltung der Belegschaft des VEG vor allem zwei Richtungen hervor. Ein Teil der Belegschaft, besonders die Arbeitskräfte älterer Jahrgänge, lebe noch in alten Vorstellungen (als eine Art »Untertan«) und interessiere sich kaum für die Belange des Gutes. Ein anderer Teil stehe in einer gewissen Opposition zur Leitung des Gutes und begründe seine Haltung damit, dass die leitenden Funktionäre alte Gutsbesitzermethoden anwenden würden. Besonders unbeliebt seien der Direktor und der Hauptagronom.

Die Arbeitskräftesituation in der LPG Typ III1 wird als noch schwieriger angesehen. Sie ist eine der Ursachen für Rückstände der Frühjahrsbestellung und für Mängel in der Pflege und Fütterung des Viehbestandes. In der Erfüllung der Pläne in der Milchproduktion gibt es ebenfalls Rückstände. In der LPG Typ III ist ebenfalls eine gewisse Opposition gegen den LPG-Vorsitzenden festzustellen. Wie berichtet wird, war der LPG-Vorsitzende im Jahre 1960 wegen eines kriminellen Deliktes ([Delikt]) bestraft worden. Für erneut kursierende Gerüchte, wonach der LPG-Vorsitzende wieder straffällig geworden sei, gibt es weder Beweise noch Anhaltspunkte. Aufgrund dieser Gerüchte hat er jedoch an Autorität und Achtung eingebüßt. Unter den LPG-Mitgliedern gibt es Tendenzen der Gleichgültigkeit.

Die genannten Erscheinungen werden dadurch begünstigt, dass die politisch-ideologische bzw. die gesellschaftliche Arbeit überhaupt in der Gemeinde völlig ungenügend ist. Dieser Mangel begünstigt gleichzeitig die Tatsache, dass in der Gemeinde die Kirche einen relativ großen Einfluss ausübt. Der seit etwa drei Jahren in der Gemeinde tätige Pfarrer hat es verstanden, sich bei den Einwohnern beliebt zu machen. Das sich u. a. darin, dass die Beteiligung an kirchlichen Veranstaltungen stärker als in den Vorjahren ist. Außerdem hat der Pfarrer eine Gruppe der »Jungen Gemeinde«2 aufgebaut, die eine rege Aktivität entfaltet hat (Musikabende, Wanderungen und Spiele).

Der Pfarrer hat umfangreiche Westverbindungen. Er hat die Genossenschaftsbauern aufgefordert, an von ihm vermittelte westdeutsche Adressen Bettelbriefe zu schreiben. Direkte feindliche oder negative Auswirkungen der kirchlichen Tätigkeit auf die Situation im VEG und in den LPG konnten bisher nicht nachgewiesen werden.

  1. Zum nächsten Dokument Schadensgeschehen im Druckgaswerk Schwarze Pumpe

    30. April 1966
    Einzelinformation Nr. 303/66 über das Schadensgeschehen im Druckgaswerk des Kombinates Schwarze Pumpe

  2. Zum vorherigen Dokument Verhinderte Flucht einer Gruppe Jugendlicher in Grabow

    27. April 1966
    Einzelinformation Nr. 333/66 über den verhinderten Grenzdurchbruch im Kreis Ludwigslust, Bezirk Schwerin, am 23.4.1966