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NVA-Angehörige kontaktieren Zöllner in Marienborn

17. März 1966
Einzelinformation Nr. 217/66 über Kontaktaufnahme von NVA-Angehörigen der Grenzkompanie Marienborn zu Angehörigen des westzonalen Zollgrenzdienstes

Durch die Tätigkeit des MfS wurde bekannt, dass insgesamt 23 Angehörige der Grenzkompanie Marienborn Kontakt zu Angehörigen des westdeutschen Zollgrenzdienstes aufgenommen und zu diesem Zweck in mehreren Fällen die Staatsgrenze nach Westdeutschland überschritten haben.

Wie die bisherigen Untersuchungen ergaben, handelt es sich vorwiegend um Angehörige des 3. Zuges. Etwa acht NVA-Angehörige betraten dabei – teilweise bis zu zwei Stunden – westdeutsches Territorium. So suchten sie u. a. die auf westdeutschem Gebiet stehende Zollhütte auf, tranken mit den Westzöllnern gemeinsam alkoholische Getränke und nahmen andere Nahrungs- und Genussmittel entgegen. Von vier NVA-Angehörigen wurde bisher bekannt, dass sie wiederholt den 6-m-Kontrollstreifen überschritten und das Gelände zwischen Kontrollstreifen und Staatsgrenze aufsuchten, um an der Eisenbahnlinie Berlin-Helmstedt nach Genussmitteln und anderen Gegenständen zu suchen, die von Reisenden aus den Zügen geworfen wurden. Dabei aufgefundene Westzeitschriften, Illustrierte und Schundliteratur wurden mit zur Kompanie genommen, zum Lesen verbreitet und anschließend vernichtet.

Bei den im Verlaufe der Untersuchungen durchgeführten Spindkontrollen wurden u. a.

  • pornografische Schriften,

  • Fotoaufnahmen vom Kompanieobjekt und von den Grenzsicherungsanlagen,

  • Leucht- und Übungsmunition (Schwarzmunition)

gefunden und sichergestellt.

Als hauptsächlichster Organisator dieser Kontaktaufnahmen ist nach bisherigen Feststellungen der am 5.3.1966 fahnenflüchtig gewordene Unteroffizier Henne1 zu betrachten. Durch mangelhafte Wachsamkeit und falsches Vertrauen eines Teils der Unteroffiziere und Soldaten der Kompanie Marienborn war es dem fahnenflüchtigen Unteroffizier Henne gelungen, den Personalbestand des 3. Zuges moralisch zu zersetzen und die NVA-Angehörigen zu Kontaktaufnahmen mit Angehörigen des westzonalen ZGD zu bewegen.

Begünstigt wurden die Kontaktaufnahmen durch eine ungenügende Erziehungsarbeit und mangelhafte Disziplin und Ordnung in der Kompanie Marienborn.

Aufgrund des Umfangs der festgestellten Kontaktaufnahmen und andere Verstöße gegen die Vorschriften des Grenzdienstes wurde die Grenzkompanie Marienborn am 12.3.1966 aus dem Grenzdienst herausgelöst.

Die Untersuchungen werden fortgesetzt. Nach ihrem Abschluss wird ausführlich über das Untersuchungsergebnis nachberichtet.

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    18. März 1966
    Einzelinformation Nr. 219/66 über die Generalsynode der Evangelischen Kirche in Deutschland

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    16. März 1966
    Einzelinformation Nr. 215/66 über die Generalsynode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Potsdam-Babelsberg und Westberlin