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Passierscheinerteilung zu Ostern/Pfingsten (2)

4. April 1966
2. Bericht Nr. 263/66 über den Verlauf des 4. Passierscheinabkommens Ostern/Pfingsten 1966

Für die Besuchszeiträume Ostern und Pfingsten 1966 des 4. Passierscheinabkommens1 wurden von Westberliner Bürgern insgesamt 400 247 Anträge für 1 176 337 Personen und 124 065 Kfz zum Besuch der Hauptstadt der DDR gestellt. (gleicher Zeitraum 1965 = 1 302 539 Personen und 121 406 Kfz).

Ausgegeben wurden insgesamt 725 064 Passierscheine für 1 166 524 Personen und 122 951 Kfz. (1965 = 797 431 Passierscheine für 1 294 457 Personen und 120 665 Kfz).

Für den 1. Besuchszeitraum (Ostern 1966) wurde die Einreise genehmigt für 581 284 Personen und 61 697 Kfz. (Ostern 1965 = 655 198 Personen und 61 448 Kfz).

Für den 2. Besuchszeitraum (Pfingsten 1966) wurde die Einreise genehmigt für 585 240 Personen und 61 254 Kfz. (Pfingsten 1965 = 639 259 Personen und 59 217 Kfz).

Nicht abgeholt wurden 4 973 Passierscheine für 7 653 Personen. (1965 = 3 391 Passierscheine für 5 219 Personen) davon für den 1. Besuchszeitraum 2 443 Passierscheine für 3 695 Personen und für den 2. Besuchszeitraum 2 530 Passierscheine für 3 958 Personen.

Abgelehnt wurden 1 429 Passierscheine für 2 160 Personen wegen

nicht dem Protokoll entsprechenden Besuchszieles

877

Mehrfachantragstellung

638

Beantragung der Einreise in Randgebiete

433

Verstoß gegen die Gesetze der DDR

212

(1965 wurden abgelehnt: 1 854 Passierscheine für 2 663 Personen).

Von den Mehrfachantragstellern lagen

  • 63 Anträge für drei Besuche

  • 158 Anträge für vier Besuche

  • 2 Anträge für fünf Besuche

  • 2 Anträge für sieben Besuche vor.

Aufgrund der ausgegebenen Passierscheine sind an den Schwerpunkttagen beider Besuchszeiträume folgende Besucher zu erwarten:

Ostern 1966

8.4.

84 812 Personen

9 121 Kfz

9.4.

63 837 Personen

6 478 Kfz

10.4.

89 036 Personen

7 672 Kfz

11.4.

64 674 Personen

6 031 Kfz

16.4.

76 829 Personen

10 065 Kfz

17.4.

69 179 Personen

8 817 Kfz

Pfingsten 1966

28.5.

65 118 Personen

7 218 Kfz

29.5.

112 056 Personen

9 827 Kfz

30.5.

95 076 Personen

8 927 Kfz

4.6.

87 762 Personen

10 746 Kfz

5.6

73 794 Personen

9 032 Kfz

Absoluten Schwerpunkt der Einreise bildet die Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße mit ca. 50 % der Einreise auf Passierscheine.

Der Anteil der zu erwartenden Einreise über die einzelnen GÜST beträgt:

Ostern

[–]

[–]

Pfingsten

[–]

[GÜST]

Personen

Kfz

Personen

Kfz

Bahnhof Friedrichstraße

48,4 %

48,6 %

Chausseestraße

15,7 %

31,2 %

15,7 %

31,2 %

Sonnenallee

14,5 %

37,0 %

14,5 %

37,0 %

Invalidenstraße

11,7 %

31,8 %

11,5 %

31,8 %

Oberbaumbrücke

9,7 %

9,7 %

Das Verhältnis der Einreise über die einzelnen GÜST weist gegenüber den vorherigen Passierscheinabkommen keine Veränderungen auf.

Während der Passierscheinausgabe für die Verwandtenbesuche Ostern und Pfingsten 1966 kam es zu keinen größeren Störungen. Der Transport der DDR-Angestellten und die Kurierfahrten verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Die vorgefundenen Arbeitsbedingungen entsprachen den Erfordernissen der Passierscheinausgabe.

Am ersten und zweiten Tag der Passierscheinausgabe hatte sich vor der Öffnung der Passierscheinstellen eine größere Anzahl Antragsteller (z. B. Tempelhof und Schöneberg je 1 000) eingefunden. Dadurch entstanden in den einzelnen Passierscheinstellen Wartezeiten bis zu 30 Minuten. Am Nachmittag des jeweiligen Tages sowie in der Folgezeit kam es zu keinen größeren Wartezeiten mehr. Ab 30.3.1966 konnten aufgrund des geringen Andrangs in verschiedenen Passierscheinstellen zeitweise einige Schalter geschlossen werden. Am gleichen Tage wurde auch die Anzahl der eingesetzten DDR-Postangestellten2 erstmals reduziert, ohne dass es danach zu Störungen im Arbeitsablauf kam. Während der Öffnungszeiten wurden alle Antragsteller abgefertigt.

Die Arbeitsmoral der eingesetzten Westkräfte war vom ersten Ausgabetag an sehr unterschiedlich. Während der überwiegende Teil der Westkräfte die Antragsteller korrekt kontrollierte und zu den jeweiligen Schaltern einwies, gab es bereits in den ersten Tagen der Passierscheinausgabe eine große Anzahl der Westpostkräfte, die sich überflüssig fühlten und ihre Aufgabe nur widerwillig und mit Unlust verrichteten. Dies traf besonders auf neu eingesetzte Westkräfte zu. Diese Kräfte standen teilweise in Gruppen im Arbeitsraum umher und führten private Unterhaltungen oder vertrieben sich anderweitig die Zeit.

Insgesamt war festzustellen, dass die Leiter der Westkräfte sich immer wieder intensiv um eine Verbesserung der Disziplin ihrer Unterstellten bemühten. Allerdings gab es auch solche Beispiele, dass in einigen Passierscheinstellen die Leiter der Westkräfte mitunter für Stunden die Ausgabestelle verließen, um persönliche Dinge zu erledigen. Zum Beispiel beendete der Leiter der Westkräfte in der Passierscheinstelle Tempelhof am 31.3.1966 bereits um 16.30 Uhr seinen Dienst, um zum Kegeltraining3 zu gehen.

Die Zoll- und Warenerklärungen der DDR wurden von den Westkräften verteilt. Die Verteilung der Merkblätter der DDR wurde jedoch im Allgemeinen von den Westkräften abgelehnt. Nur in einigen Passierscheinstellen ließen die Leiter der Westkräfte die Merkblätter durch ihre Unterstellten ausgeben, bis es ihnen von ihren vorgesetzten Dienststellen untersagt wurde. Gegen die Ausgabe der Merkblätter durch die Postangestellten der DDR wurden keine Einwände erhoben.

Wie bei vorhergehenden Aktionen wurde von den Westkräften in einzelnen Passierscheinstellen versucht, die Zahl der nicht abgeholten Passierscheine zu erfahren.

Die Passierscheinabholer verhielten sich im Allgemeinen ruhig und diszipliniert. In mehreren Fällen – vor allem wenn in Härtefällen persönliche Wünsche berücksichtigt worden waren – sprachen die Westberliner den DDR-Postangestellten ihren Dank aus. In der Regel verhielten sich auch die Antragsteller, deren Passierscheine abgelehnt wurden, ruhig und diszipliniert.

In allen Passierscheinstellen kam es zu den üblichen Geschenkangeboten (vorwiegend Genussmittel), die korrekt zurückgewiesen wurden. In mehreren Fällen versuchten die eingesetzten Westkräfte wie auch Passierscheinabholer durch belanglose Gespräche mit den DDR-Postangestellten Kontakt aufzunehmen.

Genauso wie während der Antragsperiode wurden die Passierscheinstellen wiederholt von Beauftragten der zuständigen Bezirksämter, von Vertretern des Senats für Sicherheit und Ordnung und von Verantwortlichen der Westberliner Postdirektion aufgesucht, die sich über den Arbeitsablauf informierten. In mehreren Fällen erschienen wiederum Foto- und Filmreporter, die in den Passierscheinstellen Aufnahmen machten. Die Tätigkeit der DDR-Postangestellten wurde dadurch nicht behindert. Zu direkten feindliche Handlungen oder Provokationen kam es während der Passierscheinausgabe nicht.

  1. Zum nächsten Dokument Hausmeister des Instituts für Marxismus-Leninismus angegriffen

    7. April 1966
    Einzelinformation Nr. 273/66 über das Niederschlagen des Hausmeisters des Instituts für Marxismus-Leninismus

  2. Zum vorherigen Dokument Reaktion der Bevölkerung auf SED–SPD Briefwechsel (1)

    30. März 1966
    [Erste] Einzelinformation Nr. 255/66 über die Reaktion der Bevölkerung der DDR zum Briefwechsel SED – SPD