Schüsse auf Zivilistin durch sowjetische Armee in Neuruppin
19. April 1966
Einzelinformation Nr. 309/66 über ein besonderes Vorkommnis mit sowjetischen Armeeangehörigen am sowjetischen Objekt in Neuruppin, [Bezirk] Potsdam am 11.4.1966
Am 11.4.1966, gegen 4.00 Uhr, befand sich die [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1940, wohnhaft Ausbau Nietwerder/1Neuruppin mit ihrem Ehemann und einem gewissen Ehepaar [Name 2] auf dem Heimweg von einem Tanzvergnügen. Dabei benutzten sie den Trampelpfad von Neuruppin nach Nietwerder, der unmittelbar an zwei sowjetischen Objekten vorbeiführt. Der Weg ist durch keine Verbotsschilder gekennzeichnet; er wird von den Einwohnern häufig benutzt.
Nach ihren Angaben hatten die Vorgenannten auf dieser Tanzveranstaltung insgesamt fünf Flaschen Weißwein getrunken und die [Name 1] befand sich in einem angetrunkenen Zustand. Die vier Personen, die jeweils zu zweit liefen (die [Name 1] ging mit dem [Name 2]) unterhielten sich laut, auch als sie an beiden sowjetischen Objekten vorüberkamen.
Der Ehemann der [Name 1] und die Ehefrau des [Name 2], die zusammengingen, hatten das zweite sowjetische Objekt fast passiert, als sie hinter sich mehrere Schüsse wahrnahmen. Anschließend hörten sie, wie der [Name 2], der mit der [Name 1, Vorname] ihnen folgte, ihnen etwas zurief. Daraufhin liefen sie zurück und fanden die [Name 1] am Boden liegend verletzt vor (durch Schusseinwirkung Schlüsselbein-, Rippen- und Schulterbrüche und Lungendurchschuss). Zu diesem Zeitpunkt waren auch bereits sowjetische Armeeangehörige zugegen, die sofort nach Erkennen der Schussverletzungen einen Arzt anforderten. Nach ca. 45 Minuten kam eine sowjetische Ärztin und weitere 60 Minuten später ein Krankenwagen des DRK, der die Verletzte in ein Krankenhaus nach Neuruppin brachte.
Nach Aussagen der sowjetischen Posten wurden die Personen bereits am ersten Objekt bemerkt. Daraufhin wurde am zweiten Objekt erhöhte Wachsamkeit angewiesen. Als der Posten am zweiten Objekt die Zivilpersonen bemerkte, will er diese mehrmals in deutscher und russischer Sprache »Halt, wer geht dort!« angerufen haben. Da die angerufenen Personen jedoch nicht reagierten und seiner Meinung nach verdächtig weitergingen, gab er einen Warnschuss ab. Anschließend will er nochmals gerufen haben, ehe von einem weiteren sowjetischen Posten auf die Zivilpersonen geschossen wurde. Von den beteiligten Zivilpersonen wird angegeben, keine Warnrufe gehört zu haben. Der Warn- und Zielschuss seien unmittelbar hintereinander abgegeben worden. Nach Meinung der sowjetischen Posten hätten sie das Verhalten der deutschen Personen als einen Angriff auf das sowjetische Objekt eingeschätzt und deshalb geschossen. Nach Aussagen der Posten seien nachts noch nie Zivilpersonen am Objekt bemerkt worden.
Die weitere Bearbeitung erfolgt durch den sowjetischen Militärstaatsanwalt.
Unter der Bevölkerung wurden bisher keine direkten feindlichen oder negativen Diskussionen festgestellt. Im Allgemeinen wird jedoch Unverständnis darüber geäußert, dass von den Posten geschossen wurde. Wiederholt wird dabei zum Ausdruck gebracht, der Weg werde seit Jahr und Tag von der Zivilbevölkerung benutzt.