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Waffen- und Munitionsbesitz von Jugendlichen im Kreis Aue

11. Januar 1966
Einzelinformation Nr. 26/66 über illegalen Waffen- und Munitionsbesitz von Jugendlichen im Kreis Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt

Am 31.12.1965 wurden fünf Jugendliche aus dem Kreis Aue, [Bezirk] Karl-Marx-Stadt wegen illegalem Waffen- und Munitionsbesitzes festgenommen.

Bei den Jugendlichen handelt es sich um [Name 1, Vorname], geboren am [Tag, Monat]1948, wohnhaft [Ort 1], [Straße, Nr.] Schleifer im VEB RENAK in [Ort 1], [Name 2, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1948, wohnhaft [Ort 2], [Straße, Nr.], Pressensteher in der Papierfabrik Günther & Richter in Pockau, [Name 3, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1951, wohnhaft [Ort 1, Nr.], Schüler, [Name 4, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1950, wohnhaft [Ort 1, Nr.], Schüler, [Name 5, Vorname], geboren am [Tag, Monat]1952, wohnhaft [Ort 1, Nr.], Schüler.

Die Jugendlichen hatten folgende Waffen, Waffenteile und Munition in ihrem Besitz:

  • ein Karabiner K 98

  • ein KK-Gewehr

  • zwei Trommelrevolver Kaliber 9 mm

  • eine Pistole Fabrikat »Walther PP«

  • eine Pistole Kaliber 7,65 mm

  • eine Pistole unbekannten Fabrikats

  • wesentliche Teile einer Pistole 08

  • 252 Schuss MPi-, Pistolen- und Karabinermunition

  • ein Karabiner-Schloss

  • ein MG-Munitionsbehälter und

  • verschiedene andere Waffenteile bzw. Waffenzubehör wie Magazine, Reinigungsgeräte und andere

Die bisherigen Untersuchungen ergaben Folgendes:

Der größte Teil der sichergestellten Waffen sowie der Munition ist funktions- und beschussfähig. Er stammt vornehmlich aus Beständen der faschistischen Wehrmacht. Die Jugendlichen geben übereinstimmend an, dass die Waffen in den umliegenden Wäldern aufgefunden wurden, wobei der erste und größte Fund ca. zwei Jahre zurückliegt.

Nach den ersten Feststellungen waren Waffen, Munition und Geräte überwiegend auch längere Zeit den Witterungseinflüssen ausgesetzt und wurden erst durch entsprechende Pflege in funktionstüchtigen Zustand versetzt. Lediglich in einem Falle wurden durch einen Jugendlichen ein Karabiner K 98 und eine Pistole, Modell »Walther PP« im Dachgeschoss des elterlichen Hauses gefunden (über die Herkunft dieser Waffen werden noch entsprechende Untersuchungen geführt).

Die Jugendlichen geben an, dass sämtliche Waffen durch Zufall gefunden worden seien. Insbesondere [Name 1, Vorname] interessierte sich nach den ersten Funden stärker für Waffen, sodass er diese in der Folge pflegte und in einwandfreien Zustand versetzte. Bei [Name 1] wurden auch mehrere von ihm aus Holz gefertigte Pistolen, die sehr exakt den anderen Waffen nachgebildet waren, gefunden. [Name 1] will auch diese Holzattrappen aus Liebhaberei angefertigt und aufbewahrt haben.

Am Vormittag des 31.12.1965 begab sich der [Name 1] unter Mitnahme einer Pistole in den Wald bei [Ort 1], wo er sich durch fahrlässigen Umgang mit der Pistole die rechte Hand und den Unterarm durchschoss. Nach eigenen Angaben hat [Name 1] bereits vorher des Öfteren, insbesondere im Beisein von [Name 2], aber auch von [Name 3], im Wald in der Nähe seines Wohnortes mit den funktionstüchtigen Waffen geschossen.

Die fünf Jugendlichen sind bisher nicht negativ in Erscheinung getreten. Teilweise haben die Eltern bzw. Familien dieser Jugendlichen einen guten Leumund, treten jedoch politisch nicht in Erscheinung. Der Vater des [Name 5] ist Mitglied der SED. Die Eltern hatten vom illegalen Waffenbesitz der fünf Jugendlichen keine Kenntnis.

[Name 1] ist in seinem Betrieb als ordentlicher Arbeiter bekannt, die übrigen Jugendlichen zeigen als Schüler durchschnittliche Leistungen. Die Verbindung zwischen den Jugendlichen war lose und beschränkte sich im Wesentlichen auf Gespräche bzw. das Hantieren mit den aufgefundenen Waffen, wobei die Initiative zu diesen Gesprächen und Handlungen überwiegend von [Name 1] ausging. Angeblich hatten die Jugendlichen durch zufällige Gespräche von dem jeweiligen illegalen Waffenbesitz erfahren. Insbesondere [Name 1] und [Name 2] geben an, die Waffen aus Liebhaberei in funktionstüchtigen Zustand versetzt zu haben.

Vom MfS werden weitere Untersuchungen geführt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, eventuell staatsfeindliche Motive des illegalen Waffenbesitzes aufzuklären.

  1. Zum nächsten Dokument Neujahrsansprachen der Bischöfe Bengsch und Spülbeck

    12. Januar 1966
    Einzelinformation Nr. 27/66 über die Neujahrsansprachen von Erzbischof Bengsch und Bischof Dr. Otto Spülbeck, Meißen sowie über einige Diskussionen am Priesterseminar Erfurt

  2. Zum vorherigen Dokument Einreise des »Spiegel«-Redakteurs Karlheinz Vater

    8. Januar 1966
    Einzelinformation Nr. 22/66 über die Einreise des »Spiegel«-Redakteurs Vater, Karlheinz, als angebliches Mitglied der Hamburger Philharmonie, in die DDR